"Die Zeit" (September 5, 2013) asked 48 artists and intellectuals how they are going to vote in Germany’s federal election on September 22, 2013.
Here is Jürgen Habermas' answer.
"Nach meinem Eindruck steht die ungare Stimmungslage vor der Bundestagswahl in Zusammenhang mit der Tabuisierung des Themas, das eine kleinmütigperspektivenlose Kanzlerin aus machtopportunistischen Gründen unter dem Deckel halten möchte. Ich meine die Krise einer Währungsunion, die auch aufgrund der Kurzsichtigkeit und des national bornierten Gerangels der in Brüssel versammelten Regierungschefs auf dem halben Weg zu einer politischen Union feststeckt. Zu Hause legt sich der Wortschwall der Verleugnung wie ein Schaumteppich auf die Köpfe einer verunsicherten Bevölkerung, die es besser weiß und doch an die unglaubwürdige Botschaft des im eigenen Garten gesicherten Wohlstandes glauben möchte – mag es den Nachbarn noch so schlecht gehen.
In dieser Situation empfiehlt sich Peer Steinbrück als ein Politiker von ganz anderer Statur – durchsetzungsfähig, zukunftsorientiert und verantwortungsbereit, ein Charakter mit Sinn für das, was relevant ist. Rot-Grün traue ich den Mut zu, die Alternativen offen auf den Tisch zu legen und Frankreich fur einen echten Politikwechsel zu gewinnen.
Um für den Kurs in Richtung eines demokratischen Kerneuropas Mehrheiten zu schaffen, wird sich freilich am Ende die ganz große Koalition der zwei einhalb europafreundlichen Bundestagsparteien zusammenfinden müssen. Dafur haben SPD und Grüne schon in der Opposition Vorleistungen erbracht. Deshalb sollten sich beide Parteien, wenn es denn weder für sie noch für Schwarz-Gelb reichen sollte, auch nach der Wahl nicht trennen – und, sei's drum, mit einer in Europafragen tief zerstrittenen Union nur gemeinsam die nächste Regierung bilden."